Bericht von Ute von Hahn: Den Landtagskandidaten Norbert Knopf (Wahlkreis Wiesloch) und Andre Baumann (Wahlkreis Schwetzingen) war es gelungen, den Ministerpräsidenten des Landes zu einem Austausch per Video-Konferenz zu gewinnen. Sie nutzten die Gelegenheit, zunächst drei kleine innovative Unternehmen aus der Region zu präsentieren: Gundermann Mikroelektronik aus St. Leon-Rot mit seinem Geschäftsführer und Erfinder Helmut Gundermann, S-Quadrat Konzepte aus Oftersheim mit Geschäftsführer und Schreinermeister Simon Stelgens und G+S Holzbau aus Ketsch mit Betriebsleiter und Zimmermann Thomas Griesser.
Den Anfang machte Simon Stelgens: Im Laufe der 18 Jahre seit Firmengründung von S-Quadrat kamen zur anfänglichen Fertigung maßgeschneiderter Möbel auch komplette Innenausbauten und der
Handel mit Inneneinrichtungsgegenständen dazu. Im Fokus stehe dabei immer der Rohstoff Holz. Stelgens würde gerne mehr mit heimischen Hölzern, vorzugsweise aus der Region arbeiten, kämpft aber mit dem Problem des Mangels und der hohen Preise.
Hier sieht er sich bestätigt durch Thomas Grisser. Die 2004 als Zimmerei gegründete G+S Holzbau hat sich inzwischen auf den Bau von Mehrfamilienhäusern in Holzständerbauweise spezialisiert. Sie nutzen hierbei Baulücken oder realisieren Aufstockungen bis hin zu mehrstöckigen Gebäuden. So entstand etwa ein 22-Familienhaus mit Laden in Mannheim oder ein 5-geschossiges Gebäude in Heilbronn.
Kretschmann zeigte sich hier sehr interessiert: Zum einen weist Holz als Baustoff eine wesentlich bessere CO2-Bilanz auf als Beton und dient somit der Erreichung der Klimaziele. Zum anderen kann auf diese Weise dem drängenden Wohnungsengpass begegnet werden, und das auch noch klimaneutral. Die Nachfrage, bestätigte Grisser, sei hoch und durch die Holzbau-Offensive des Landes seit 2018 weiter gestiegen.
Er wies jedoch ebenfalls auf die Holzpreisproblematik hin, die Kretschmann sichtlich überraschte. „Eigentlich klagen die Holzanbieter doch über sinkende Marktpreise aufgrund eines Überangebots an Holz“, so Kretschmann. Denn: Zunehmende Trockenheit, Schädlingsbefall und Unwetter zwingen Waldbauern zu überplanmäßigem Holzschlag.
Die beiden Gäste erklärten, dass bessere Preise wohl im Ausland – vorzugsweise in China und den USA – erzielt werden und daher deutsches Holz daher zu großen Teilen dorthin exportiert wird. Für die hiesigen Handwerker und kleineren Baubetriebe steigen dadurch paradoxerweise die Beschaffungskosten für heimische Hölzer.
Stelgens brachte als weiteres Anliegen auch eine Anpassung der Brandschutzrichtlinien an die Fortschritte und neuen Möglichkeiten im Holzbau vor. Hier gebe es gerade bei mehrstöckigen Gebäuden veraltete Anforderungen oder erhebliche bürokratische Hürden zu überwinden. Kretschmann zeigte sich offen und versprach, hier nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Aus einer ganz anderen Richtung präsentierte sich Helmut Gundermann, ehemals Entwickler von LED-Videowalls. Inspiriert durch die Herausforderungen der Corona-Pandemie hat er ein kleines, tragbares Raumluftmessgerät entwickelt. Es zeigt per Ampelsignal an, wann und wie lange ein Raum gelüftet werden sollte, damit die Viruslast im Innenbereich möglichst gering gehalten wird. Dies ist besonders im Schul- und Kinderbetreuungsbereich geeignet, um dort wieder Präsenzunterricht fortführen zu können, aber gleichzeitig die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Tatsächlich habe er das Gerät schon in Kindertagesstätten, Seniorenheimen und Arztpraxen testen lassen und positive Rückmeldungen bekommen. Es sei leicht handhabbar, selbsterklärend und günstiger als andere Apparate.
„Was wird denn da genau gemessen?“, wollte der Chemiker Kretschmann wissen. Anders als die meisten anderen derzeit bekannten Geräte misst dieses nicht den CO2-Gehalt, sondern mehrere verschiedene Stoffe aus der menschlichen Atemluft. Sie sind ein Indiz für eine mögliche Virenbelastung im Raum. Es sei ihm ein Anliegen, möglichst schnell dieses praktische Gerät flächendeckend an Schulen und andere Betreuungsstätten zu verteilen. Hierfür bat er um Unterstützung.
Kretschmann zeigte sich beeindruckt vom Engagement und Innovationsgeist der drei Unternehmer und betonte, dass dies eines der Stärken unseres Bundeslandes sei.
Die erste Frage der Presserunde, zu der verschiedene Vertreter regionaler Zeitungen geladen waren, galt erwartungsgemäß den Lockerungsprognosen angesichts der aktuellen Pandemiezahlen, vor allem der Perspektiven für Ladengeschäfte. Ebenso routiniert mahnte Kretschmann weiterhin zu Zurückhaltung und Vorsicht. Man müsse die neuen Entwicklungen durch die Mutationen im Auge behalten. Er machte aber auch Hoffnung auf schrittweise Öffnungen angesichts der angekündigten kostenlosen Schnelltests und der voranschreitenden Impfungen.
Auf die Frage der veränderten Arbeitsbedingungen durch Video-Konferenzen und andere Formen der digitalisierten Kommunikation (E-Akte), bestätigte Kretschmann, dass neue Online-Formate den Austausch auf allen Ebenen verändert hätten. In mancherlei Hinsicht mag das Vorteile gebracht haben; viele Autofahrten und Flugreisen erübrigen sich. Andererseits möchte er auf Dauer nicht auf Präsenzsitzungen, etwa im Kabinett, verzichten. „Die virtuellen Räume sind oft nicht das optimale Format für den politischen Austausch.“
Als weiteres Thema kam die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel zur Sprache. Hier wurde vor allem nach Möglichkeiten gefragt, die Anzahl der Verbundnetze zu reduzieren oder wenigstens die Preispolitik aufeinander abzustimmen und generell das Fahren mit dem ÖPNV deutlich billiger zu machen. Zwar gäbe es Schüler-, Studenten-, Senioren und Jobtickets. Aber viele Menschen passen in keine der Kategorien und die Preiskonzepte seien kompliziert. Kretschmann sieht da durchaus noch Handlungsbedarf, nennt aber das BW-Ticket als gutes Beispiel dafür, dass man in Baden- Württemberg das Reisen mit den Öffentlichen schon in vielen Bereichen verbilligt habe. Er gibt zu bedenken, dass solche Maßnahmen viel Geld kosten und dass häufig die Gemeinden dadurch finanziell beansprucht würden, was nicht jede gleich gut leisten könne. An strukturellen Änderungen sei man dran, aber wie so oft braucht man dabei etwas Geduld und „eine Politik der kleinen Schritte“.
Die Frage, ob unsere deutsche Automobilindustrie in Sachen E-Mobilität der Konkurrenz aus dem Ausland gewachsen sein werde, beantwortete Kretschmann mit einem deutlichen Ja. Zwar räumte er ein, dass der Dieselabgas-Skandal einen gewissen Vertrauensschaden angerichtet habe. Aber die deutsche Autoindustrie sei weit davon entfernt „in die Rücklichter“ etwa eines amerikanischen Herstellers zu schauen, der sich im Wesentlichen darauf versteht, – vereinfacht gesagt – „um einen hochmodernen Computer etwas Blech zu bauen“. „Wir bauen sehr gute Autos und müssen nun unsere Elektronik an den E-Antrieb anpassen“. Die baden-württembergischen Hersteller und Zulieferer sind hier auf dem besten Weg. Der „Strategiedialog Automobilwirtschaft“ war hier sehr erfolgreich. Auch was die Ladestationen angeht, kann sich Baden- Württemberg rühmen, eines der dichtesten Netze Deutschlands zu haben. Keine Ladestation sei mehr als 10 km von einem Standort entfernt.
Auch wenn noch viele Fragen warteten, musste Kretschmann zum nächsten Termin aufbrechen. Abschließend lobte er noch einmal das Potential der Region, repräsentiert durch die drei Gäste aus der Holzbau und der Mikroelektronik, und versprach die Denkanstöße und Fragen weiter zu verfolgen. Er freute sich, dass die beiden Kandidaten Norbert Knopf und Andre Baumann hierfür die Plattform geboten haben.