Ich wollte schon immer mal ein Lastenrad im richtigen Einsatz testen. In der Vergangenheit bin ich viel mit Anhängern unterwegs gewesen. Mit einem Lastenrad vom Typ Long John habe ich nur eine kurze Probefahrt gemacht. Dieser Typ hat in der Regel nur 2 Räder und einen sehr langen Radstand.
Jetzt im Wahlkampf habe ich mir vorgenommen meine Flyer mit einem Lastenrad an die einzelnen Ortsverbände in meinem Wahlkreis zu liefern. Schließlich ist mein Wahlkampfflyer auf der einen Seite mit einer Radwanderkarte bedruckt und da konnte ich auch gleich noch testen ob die vorgeschlagenen Routen gut sind.
Bei den Lastenrädern unterscheidet man zunächst in Zweirädrige und Dreirädrige Lastenräder. Zweirädrige sind schneller und wendiger, haben aber bei hoher Beladung Nachteile. Dreirädrige Typen haben den Vorteil, dass sie fest stehen und einen großen Stauraum bieten. Da ich sehr viel Stauraum und Zuladung brauche, habe ich mich für ein dreirädriges Modell mit Anhänger entschieden. Auch eine Elektro-Unterstützung ist bei diesem Transportgewicht sehr sinnvoll. Bei den Trikes fahre ich die Typen lieber, die vorne zwei Räder haben. Bei den Trikes mit den beiden Rädern hinten, fühle ich mich nicht so sicher.
Das Ausleihen eines großen Lastenrades ist in Heidelberg über den ADFC möglich. Dieses Rad ist auch mit einem starken Motor ausgestattet. Gleich beim Abholen ist mir einer der wichtigsten Grundsätze beim Fahrradkauf aufgefallen: Körpergröße und Fahrradgröße sollten aufeinander abgestimmt sein. Da aber nur ein Fahrrad zur Verfügung stand, habe ich mich dem Rad angepasst und nur den Sattel höhergestellt. Beim Fahren sitze ich relativ weit hinten auf dem Sattel, um nicht vorne mit den Knien die Lenkstange zu berühren. Der Vorteil des Trikes ist, dass es nicht umfallen kann, was sehr angenehm ist. Sehr ungewohnt ist es zumindest am Anfang, dass man dadurch aber nicht mehr mit seinem Körpergewicht das Fahrverhalten steuern kann, oder besser gesagt nur sehr eingeschränkt. Da ich reichlich Körpergewicht zum Einsatz bringen kann, habe ich eine gewisse Zeit zum Umgewöhnen gebraucht. Auch das Lenken ist zunächst ungewohnt. Bei scharfen Kurven sind beide Hände auf einer Lenkerseite, um wendiger zu sein. Das hat mich am Anfang schon einiges an Überwindung gekostet. Aber es geht tatsächlich!
Etwas zu optimistisch war ich bei der Zuladung. 225 meiner Flyer wiegen ca. 10kg. Der Anhänger schafft knapp 100 kg und vorne dürfen 150 kg rein. Also eine Vierteltonne Zuladung, aber in Flyern gerechnet sind das nur 5625 Stück. Zu wenig, um z.B. Leimen in einer Fuhre zu versorgen. Auch mit der Bergtauglichkeit habe ich mich verschätzt. Beim Ansturm auf Nußloch, ohne ganz volle Zuladung, ist der Motor in zu hohe Temperatur gekommen und hat abgeregelt. Ungünstig, wenn man gerade an einem sehr steilen Stück am Hang manövrieren muss. Daher habe ich nur die OV´s in der „Ebene“ mit dem Lastenrad versorgt.
Das Fahren mit viel Zuladung ist auf ebener, breiter Strecke und guter Oberfläche sehr einfach. Leider sind unsere Radwege nicht immer in diesem Zustand. Auch darf man nicht vergessen, dass der Motor auf dem Hinterrad den Schub gibt. Bei Waldwegen, vor allem, wenn sie nass sind, nicht immer optimal. Daher ist in folgenden Situationen Vorsicht geboten:
- Schlechte Wegoberfläche – starkes holpern der Ladung und Gefahr des Einsinkens von Rädern
- Scharfe Kurven – verschwenkte Radwegeführung z.B. bei Einmündungen von Schnellstraßen kann man nicht fahren. Daher bin ich hier konsequent auf der Straße geblieben.
- Unterführungen für Radfahrer – trotz Anfahrhilfe ist dies mit so einem langen Gefährt beladen nicht zu machen, vor allem wenn sie abknicken
- Hindernisse – Schranken und Pfosten. Sind schon mit dem normalen Rad oftmals eng, beim Lastenrad war es sehr knapp, daher nur sehr langsam zu passieren
- Steigungen mit engen Kurven – ohne richtigen Schwung wird man sehr langsam und der Motor sehr schnell heiß.
- Fußgänger auf den kombinierten Rad-Fußwegen – kaum einer rechnet mit einem breiten Lastenrad und auch dass ein solches Gefährt nicht sofort stehen bleiben kann
Zusammengefasst ist zu sagen, dass alle Schwachstellen bei unseren Radwegen mit dem Lastenrad sehr viel deutlicher werden und teilweise ein Radweg nicht genutzt werden kann. Klar kann man auf der Straße fahren. Aber ich kann euch auch berichten, dass sich hier die Autofahrer zu waghalsigen Überholmanövern provoziert fühlen. Daher ziehe ich es vor Radwege zu nutzen um entspannt zu fahren. Klar ist aber auch, dass wir unsere Radwege dringend besser (aus-)bauen müssen, wenn wir auch Lastenrädern eine Chance geben wollen.
Eine weitere Beobachtung beim Lastenradfahren im Gegensatz zum normalen Fahrrad ist mir aufgefallen. Der Spritzschutz ist beim Lastenrad noch verbesserungsbedürftig. Der Anhänger war nach kurzer Strecke mit einer Schmutzschicht versehen und an der Kleidung sind zwar die Beine gut geschützt, aber an den Ärmeln der Jacke, hatte ich vorher noch nie Dreck gehabt. Das kann man aber sicherlich leicht in den Griff bekommen.
Fazit: Eine großartige Sache ist so ein Lastenrad. Gerne bin ich es gefahren. Für den Alltag braucht man so eine Zuladung nur sehr selten, daher dürften einige Probleme, die ich hatte im Normalbetrieb nicht aufkommen. Was wir aber dringend angehen müssen ist der Um- und Ausbau der Radwege.